Hallo zusammen,
als alter Space-Nerd freut es mich, euch an dieser Stelle wieder ein Weltraum-Set vorstellen zu können. In diesem Review werden wir uns den M38-B0733 Mars Exploration Rover von Sluban genauer ansehen. Dieser lehnt sich optisch deutlich an den Mars Rover Curiosity an. Auch LEGO bedachte diesen Rover bereits 2014 mit einem eigenen Set. Was der "Neue" taugt und wie sehr er dem dänischen Vorbild ähnelt, klären wir nach dem Break!
Curiosity, oder mit seinem offiziellen und vollständigen Namen "Mars Science Laboratory" oder kurz "MSL" startete mit einiger Verspätung im Jahr 2011 seine ein halbes Jahr dauernde Reise zum Roten Planeten. Sein Ziel: die Erforschung des Mars nach aktuellen oder lange vergangenen Spuren von Leben auf dem Mars.
Nie zuvor wurden in einem solch mobilen Labor so viele unterschiedliche Instrumente (nämlich 10 an der Zahl), darunter mit ChemCam und CheMin zwei Spektrometer und einer Einrichtung zur Analyse von Boden- und Atmosphärenproben auf das Vorhandensein organischer Stoffe (Sample Analysis at Mars; SAM), auf einen anderen Planeten geschafft. Dieser Menge und Qualität an Experimenten geschuldet, ist Curiosity ca. 900 Kilo schwer und hat mit einer Länge und Breite von ca. 3 Metern Abmessungen eines Kleinwagens.
Das hohe Gewicht des Landers stellte auch die für die Landung in Frage kommenden Technik auf die Probe. Einen Lander dieser Größe und dieses Gewichts ausschließlich an Fallschirmen landen zu lassen, ist aufgrund der dünnen Marsatmosphäre schlicht nicht machbar. Auch eine Lösung mit sich aufblasenden Airbags (ähnlich wie beim Mars Pathfinder Programm) kam aufgrund des Gewichts nicht in Frage.
Es galt also nicht nur, Curiosity innerhalb einer Landeelipse von ca. 20 x 7 Kilometern und über eine Entfernung von zum damaligen Landezeitpunkt 248 Millionen Kilometern zum Mars zu steuern. Dabei handelte es sich ja ganz nebenbei nur um zielgenausten Landung überhaupt auf dem Mars. Darüber hinaus war die Frage zu klären: Wie bekommt man einen Lander mit dieser Größe und Gewicht von seiner Eintrittsgeschwindigkeit von 21.000 km/h auf ca. 3 km/h abgebremst und sicher auf der Marsoberfläche abgestellt? Die Lösung erscheint absolut unglaublich. Man benutzte einen raketengetriebenen Lastenkran! Glaubt ihr nicht? Schauts euch an!
Vor dem 06. August 2012 war das alles Science-Fiction. Der Erfolg machte Curiosity und sein Team von Ingenieuren zu Legenden. Und dabei hatte der Rover noch nicht einmal wirklich mit seiner wissenschaftlichen Arbeit begonnen.
Die ursprünglich geplante Missionsdauer von ca. 2 Jahren hat der wackere Rover mittlerweile um das Vierfache überboten und dabei eine Strecke von über 22 Kilometern auf der Marsoberfläche zurückgelegt. In seinen mittlerweile 8 Dienstjahren konnte Curiosity viele Materialproben analysieren, organische Moleküle im Marsgestein und das Vorhandensein von Methan in der Marsatmosphäre nachweisen. Woher vor allem das in der Marsatmosphäre gemessene Methan kommt, liegt aktuell aber noch absolut im Dunkeln.
Aufgrund der großen Erfolge dieser Mission, wird sich mit Perseverance demnächst und hoffentlich trotz Corona ein über große Teile baugleicher, jedoch mit anderen und weiterentwickelten Experimenten ausgestatteter Rover auf den Weg zum Mars machen. Das Startfenster dieser Mission wird sich zum 17. Juli öffnen. Obwohl vieles an dem Rover baugleich zu Curiosity ist, mutet auch das Missionsprotokoll von Perseverance wieder wie Science-Fiction an. Mit Ingenuity wird dieser Rover einen autonomen Helikopter Huckepack dabei haben. Damit wird erstmals in der Geschichte ein von Menschen gemachtes Fluggerät auf einem fremden Planeten abheben. Ich bin recht zuversichtlich, dass auch diese Mission zum Roten Planeten Geschichte schreiben wird.
Falls ihr nach diesen Superlativen noch Zweifel habt, ob dieser Rover als Vorbild für ein Klemmbausteinset taugt, kann ich euch leider auch nicht mehr helfen.
In 2014 hatte dabei LEGO bereits mit dem Set 21104 - NASA Mars Science Laboratory Curiosity Rover vorgelegt. Dieses Set entstand nach einem Vorschlag aus der Cuusoo-Comunity (dem Vorgänger des aktuellen Ideas-Programms). Mit seinem günstigen UVP-Preis von knapp 30 EUR war dieses Set für Weltraum-Fans ein Pflichtkauf. Im Nachhinein ärgert es mich, dass ich mir nicht gleich mehrere dieser Sets unter den Nagel gerissen habe. Heute wird für originalverpackte Exemplare das 10-fache gezahlt. Für gebrauchte und aufgebaute Sets kommt man immerhin noch auf ungefähr 90 EUR.
Für die meisten sind solche Preise für knapp 300 Teile verständlicherweise jenseits jeglicher Vernunft. Deshalb freut es mich schon, dass Sluban diesen Mars Rover auf die Strecke gebracht hat. Dieser läuft zwar nicht unter einer NASA-Lizenz, ist aber optisch stark an den Curiosity-Rover angelehnt.
Wenn nun zwei Personen jeweils ein Klemmbausteinset nach dem gleichen Vorbild bauen, ist es nicht immer vermeidbar, dass sich das Ergebnis ähnlich sieht. So ist es auch mit diesem Set im Vergleich mit LEGO's Mars Rover. Allerdings lehne ich es ab, hier von einer Kopie zu sprechen. Die Unterschiede sind dafür im Detail zu gravierend.
Der Rover von Sluban ist aktuell zu Preisen bei deutschen Händlern zwischen 16 und 20 EUR zu bekommen. Das ist für die gebotenen 288 Teile eigentlich ein fairer Tarif. Lasst uns nun herausfinden, ob wir dafür mit baulichen Mängeln leben müssen.
Ein wichtiger Tipp zu Sluban ist vielleicht meine persönliche Empfehlung, nach Möglichkeit nur noch Sets mit dem (auf der Verpackung im nächsten Foto befindlichen) rechteckigen Sluban-Logo zu kaufen. Diese Sets stammen aus einem neueren Produktionslauf, in dem offenbar hochwertigere Spritzgussformen verwendet werden, als dies zuvor der Fall war. Auch wenn in diesen Sets möglicherweise noch alte Steine beigemischt werden, erhält man in den neueren Sets eine im Schnitt verbesserte Steinequalität.
Die Rückseite der Verpackung gibt Auskunft über die enthaltenen Spielfunktionen. So ist zum Beispiel sowohl der "Kopf" des Rovers als auch dessen Arm beweglich. Der Arm kann dazu über eine seitlich aus dem Rover ragende Anlenkung gedreht werden.
Bei dem Rover handelt es sich um ein Set aus dem Slubans Space-Reihe. Dazu gehören noch weitere Sets wie zum Beispiel ein Space Shuttle oder eine Raumstation. Diese Sets lassen sich natürlich ideal miteinander kombinieren
Bei lediglich 288 Teilen gestaltet sich der Inhalt der Box erwartungsgemäß recht übersichtlich. Die Bausteine sind auf insgesamt sechs einzelne Tütchen aufgeteilt. Eine Unterteilung in Bauabschnitte ist bei der geringen Teilezahl nicht erforderlich.
Die Bauanleitung ist kindersicher zu verwenden. Die Anzahl der pro Schritt verbauten Teile bleibt immer überschaubar. Um das Bauen zu vereinfachen werden die im aktuellen Schritt verwendeten Teile hervorgehoben. Der Rest bleibt ausgegraut. Ein tolles Feature, von dem sich einige andere Hersteller eine Scheibe abschneiden könnten, ist die Referenz der im Set vorhandenen Steinefarben als Orientierungshilfe. Diese sind in den Bauanleitungen anderer Hersteller meistens sehr schlecht zu unterscheiden.
Auf der folgenden Seite seht ihr den schematischen Aufbau einer Sluban-Minifigur. Diese sind meiner Auffassung nach tatsächlich eines der Highlights dieses Sets. Der Aufbau mittels eines Rückgrats erlaubt diesen Figuren eine Drehung um die Hüfte. Die Köpfe der Figur können (wenn sie nicht gerade in den Raumanzügen stecken) gedreht und geneigt werden. Dadurch gewinnen diese Figuren zwei zusätzliche Freiheitsgrade im Vergleich zu ihren Kollegen aus Dänemark. Die Drucke der Figuren sind absolut tadellos.
Mit im Set befindet sich ein kleiner Sticker-Bogen mit lediglich drei Aufklebern. Damit kann man in Verbindung mit dem Setpreis locker leben. Allerdings frage ich mich auch, ob man diese läppischen drei Sticker nicht einfach hätte weg lassen können. Absolut notwendig sind diese Sticker für den Spielbetrieb freilich nicht.
Überrascht war ich von einigen Teilen, die es in ähnlicher Funktion auch bei anderen Herstellern gibt. Sluban versucht sich aber hiervon etwas zu distanzieren und gestaltet bewährte Teile einfach um. So zum Beispiel mit dem rechtwinkligen Achs-Pin-Verbinder, der mal so gar nicht nach LEGO aussieht.
Die Pins in verschiedenen Farben sind toll, aber leider enthält das Set nicht genügend davon, dass man hier von einem Teilespender reden könnte. Auch die Teile in Sand-Grün findet man bei LEGO so nur selten.
Der eigentliche Aufbau ist für den geübten Steinmetz in nicht viel mehr als 15 bis 20 Minuten erledigt. Beim Aufbau selbst gab es keine besonderen Auffälligkeiten.
Die Teilequalität... Sagen wirs mal so: Ich will nicht alles schlecht reden. Die Systemsteine haben bei Sluban in den neueren Varianten tatsächlich einen Schritt nach vorne gemacht. Kein Vergleich mehr zu den alten Steinen, die geradezu nach Klebstoff geschrien haben. Allerdings gibt es noch immer kleinere Ausreißer. Dazu gehören zum Beispiel gerade die optisch hervorragenden orangen Pins, die mal so richtig keine Clutch-Power auf die Straße bringen. Dies sieht man am Besten im direkten Vergleich mit LEGO's Rover.
Auch die in der Rocker-Bogie-Aufhängung verwendeten Achs-Konnektoren haben eine ungenügende Klemmkraft, die auch nur GERADE SO ausreicht, um die Räder an Ort und Stelle zu halten. In Anbetracht der Tatsache, hätte man sich bei Sluban vielleicht eine robustere Konstruktion in Erwägung ziehen sollen.
Ob der direkte Vergleich eines 15 EUR mit einem 30 EUR Set gerechtfertigt ist, ist durchaus eine Frage, über die man sich streiten kann. Allerdings liegen die beiden Sets optisch so dicht beieinander, dass sich der Vergleich aus meiner Sicht geradezu aufdrängt.
Der dänische Herausforderer wirkt schon auf den ersten Blick deutlich massiger. Dieser Eindruck bestätigt sich beim Nachmessen. Während der Rover von Sluban mit eingeklapptem Arm ca. 8 x 12 Zentimeter Grundfläche benötigt, sind es bei seinem Kontrahenten im Vergleich stattliche 11 x 15 Zentimeter.
Man sieht allerdings auch auf den ersten Blick, dass Sluban definitiv nicht von LEGO kopiert hat. Es ist, wie Eingangs erwähnt: Gebe ich zwei Designern den Auftrag das Berliner Tor mit Klemmbausteinen nachzubauen, erhalte ich im Ergebnis zwei mal das Berliner Tor. Die jeweils verwendeten Techniken und die umgesetzten Details können sich dabei aber deutlich voneinander unterscheiden. Und so ist es auch hier.
Offensichtlich ist zum Beispiel die Tatsache, dass das Sluban Modell vor dem Start wohl hart durch einen Farbeimer gefahren ist. Im Vergleich zum dänischen Set präsentiert sich der Rover von Sluban qietschbunt. Hinzu kommt das Fehlen des Differentials der Rocker-Bogie-Aufhängung und der X-Band-Antenne beim Sluban-Modell. Die UHF-Antenne (hinten links) haben dagegen wieder beide. Auch der RTG ist grundsätzlich anders konstruiert.
Das obere Foto gibt vielleicht einen Eindruck zur ungenügenden Clutch-Power der orangenen Sluban-Pins. Während man den Roboterarm des LEGO-Rovers super posen kann und dieser auch von alleine an der eingestellten Position verharrt, schlabbert der Arm des Sluban-Rovers motivationslos herum. Da hilft auch nicht, dass man die Drehung um eine Achse bei Sluban über einen Hebel am Rover steuern kann.
Die untere Fotostrecke gibt einen Eindruck von der Funktionsweise der Rocker-Bogie-Aufhängung. Der Rover von Sluban stellt sich dabei im wahrsten Sinne selbst ein Bein, weil die Aufhängung so gestaltet ist, dass die hintere Wippe (oder englisch: Rocker) sich nicht ausreichend bewegen kann, um starke Unebenheiten auszugleichen. Im Ergebnis hebt der Rover bei größeren Hindernissen das Beinchen.
Mit ihrem Set haben es die Dänen geschafft, die Funktionsweise dieses Fahrwerkstyps anschaulich zu demonstrieren. Ein Rocker-Bogie-Fahrwerk sorgt dafür (oder sollte zumindest dafür sorgen) dass ALLE Räder zu jeder Zeit auf jeder Oberflächenbeschaffenheit am Boden bleiben und sich das getragene Chassis beim Überfahren von Hindernissen möglichst wenig bewegt.
Man merkt hier ganz klar: Auch wenn sich Sluban Anleihen am Curiosity-Rover der NASA nimmt, hat Sluban hier nicht den Anspruch eine möglichst originalgetreue Kopie des Rovers umzusetzen. Es wäre also hochgradig unfair, das Set alleine daran zu messen. Das Set ist als Spielset gedacht und will auch so gesehen werden. Viele Details des Originals fehlen bei unserem chinesischen Klemmbaustein-Nachbau.
Wenn man aber die Optik des Rovers mag und den unverhältnismäßig hohen Anschaffungspreis des LEGO-Rovers scheut, erhält man hier eine Alternative, die im Ergebnis gemessen am Preis ganz OK ist. Wenn man allerdings näher an das Original herankommen möchte, wird man noch selber Hand anlegen müssen.
Richtig Sinn macht dieses Set in Verbindung mit anderen Space-Sets. Dabei können die Sets von Sluban natürlich untereinander fabelhaft kombiniert werden. Aber auch in Verbindung mit den weltraumlastigen Sets anderer Hersteller funktioniert der Rover hervorragend.
Die Steinequalität bei Sluban bewegt sich insgesamt in die richtige Richtung. Auch wenn das eine oder andere Teil noch etwas weiter weg von optimaler Passform ist, ist der Rover doch bespielbar. Ich persönlich empfinde lediglich die fehlende Klemmkraft des Rover-Arms als nervig. Entsprechende Teile-Vorräte aus dänischer Herstellung vorausgesetzt, lässt sich aber auch dieses Manko mit geringem zeitlichen und finanziellen Aufwand beheben.
Insgesamt erhält man für einen halbwegs fairen Preis ein tolles Mitbringsel für den weltraumbegeisterten Nachwuchs. Aufgrund der Anlehnung an den originalen Marsrover haben aber durchaus auch Erwachsene ihren Spaß mit diesem Set.